Die Mindestanforderungen an Eigenmitteln und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten (MREL) wurden erstmals im Rahmen der Sanierungs- und Abwicklungsrichtlinie (BRRD, engl. Bank Recovery and Resolution Directive) institutsindividuell als Säule 2-Vorschrift eingeführt. Der Standard des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht (BCBS) für die Gesamtverlustabsorptionsfähigkeit (TLAC) fordert dagegen, dass alle global systemrelevanten Banken (G-SIBs) über 16 % der risikogewichteten Aktiva (RWA) und 6 % des Gesamtengagements (wie für die Veschuldungsquote definiert) für die Verlustabsorption als verbindliche Säule-1-Maßnahme verfügen.
Neue harmonisierte Vorschriften für TLAC und MREL gehörten zu den ersten maßgeblichen Regelungen des Bankenpakets, die am 27. Juni 2019, 20 Tage nach der Veröffentlichung der Überarbeitung des CRR im Amtsblatt der EU, in Kraft traten. Sie liefern eine klare Definition aller abwicklungsfähigen Verbindlichkeitskomponenten und weisen die nationalen Abwicklungsbehörden durch Leitlinien zur Definition von Gläubiger- und Verbindlichkeiten-Hierarchien an, wie mit Abwicklungen umzugehen ist.
In der CRR II ist eine Mindest-TLAC für alle global systemrelevanten Institute (G-SII) vorgeschrieben. Ab 2022 wird die Mindest-TLAC 18 % der RWA bzw. 6,75 % des Gesamtengagements für G-SII innerhalb der EU betragen. Angeschlossene Finanzinstitute von Drittstaaten-G-SII, die innerhalb der EU operieren, müssen entsprechend der Verordnung mindestens 90 % der geforderten TLAC einhalten. Die MREL werden hingegen weiterhin institutsindividuell von der Abwicklungsbehörde gesetzt, mit Ausnahme der sogenannten „Top-Tier-Institute“, welche ein Gesamtkapital von mindestens 100 Mrd. € haben. Gemäß der CRR II werden die Top-Tier-Institute ab 2022 ebenfalls ein Minimum von 13,5 % der RWA bzw. 5 % des gesamten Forderungsbetrags erfüllen müssen. Zusätzlich müssen im Zuge einer Backstop-Maßnahme alle G-SII, Top-Tier-Institute, und alle anderen Institute, die in Hinblick auf die Abwicklung als relevant eingestuft werden, für eine ausreichend nachrangige MREL von 8 % der gesamten Verbindlichkeiten sorgen, inklusive Eigenmittel (TLOF), soweit von der Abwicklungsbehörde nicht anders verordnet.
Aufsichtsbehörden setzen bei großen europäischen Banken voraus, dass sie durchschnittlich 10,5 % des harten Kernkapitals (CET1) bereithalten (gemäß des SAFE Policy Report No.1| März 2019 S. 55), sodass ab 2022 dasselbe „durchschnittliche“ Institut zusätzliche Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten von 7,5 % der RWA plus einem Minimum von 2,75 % des Gesamtengagements bereitstellen muss.
Mit der Einführung der neuen Verordnung müssen die TLAC-/MREL-Verbindlichkeiten weiteren strengen Kriterien entsprechen, z. B. müssen Rückkauf- bzw. Tilgungsmaßnahmen von den zuständigen Behörden genehmigt werden. Derivate sind davon ausgeschlossen. Für alle Instrumente nach dem 31. Dezember 2021 muss die Nachrangigkeit der Verbindlichkeiten in den Vertragsbedingungen niedergeschrieben oder rechtlich definiert sein. TLAC-Holdings, d. h. Investitionen in TLAC-Verbindlichkeiten von G-SII, müssen von den eigenen TLAC-Verbindlichkeiten der Institute abgezogen werden. Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) muss entscheiden, ob dieses Regelwerk auf anderweitig systemrelevante Institute (O-SII) innerhalb der nächsten drei Jahre erweitert wird.
Am 3. August 2020 veröffentlichte die EBA ihre endgültigen Entwürfe technischer Durchführungsstandards (ITS) zur Offenlegung und Berichterstattung zu MREL und TLAC gemäß den ihr durch die CRR II und BRRD II erteilten Mandate (EBA/ITS/2020/06). Die darin enthaltenen Vorschriften für die Offenlegung von TLAC sollen unmittelbar nach ihrer Verabschiedung durch die Europäische Kommission und ihrem Inkrafttreten gelten. Im Gegensatz dazu gelten die Bestimmungen zur Offenlegung zu MREL ab dem Datum des Ablaufs der entsprechenden Übergangsfristen gemäß Art. 45m der BRRD, d.h. frühestens ab dem 1. Januar 2024. Das erste Meldedatum für die vierteljährliche Berichterstattung sowohl in Bezug auf MREL als auch auf die TLAC-Anforderung wird voraussichtlich der 30. Juni 2021 sein. Das Datenpunktmodell der EBA, eine XBRL-Taxonomie und Validierungsregeln für die Berichterstattung auf der Grundlage des endgültigen ITS-Entwurfs werden im dritten Quartal 2020 als Teil des Reporting Framework 3.0 erwartet. Meldungen
Vierteljährliche Meldungen | Vorlage | ID | Meldebasis für Abwicklungsentitäten* | Meldebasis für Nicht-Abwicklungsentitäten* |
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Key Metrics | KM2 | M01.00 | Cons/Ind | - |
Composition | TLAC1 | M02.00 | Cons/Ind | - |
ILAC | M03.00 | - | Cons/Ind | |
LIAB MREL | M04.00 | Cons/Ind | Cons/Ind | |
Creditor ranking | TLAC2 | M05.00 | - | Individuell |
TLAC3 | M06.00 | Individuell | - | |
Contract-specific information | MTCI | M07.00 | Cons/Ind | Cons/Ind |
Tabelle 1: Übersicht der Berichtsanforderungen (* Cons/Ind = konsolidiert oder einzeln, abhängig von der Existenz einer Gruppe, oder abhängig von anderen Anforderungen im Falle von Entitäten), die weder Abwicklungsentitäten noch materielle Tochtergesellschaften von Nicht-EU-GIIs sind
Die EBA versuchte, die bestehende Vorlage für die Verbindlichkeitenstruktur (LIAB) des ITS zur Berichterstattung über die Abwicklungsplanung in ihren neuen TLAC/MREL-Berichtsrahmen zu integrieren; dies war jedoch aufgrund wichtiger Unterschiede in den Meldeanforderungen nicht möglich. Nichtsdestotrotz stützt sich das derzeitige Rahmenwerk auf die in der bestehenden LIAB-Vorlage enthaltene Aufgliederung der Verbindlichkeiten nach Instrumenten, deckt aber nur die berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten ab.
Die neuen TLAC-/MREL-Anforderungen stellen eine große Herausforderung für Banken dar. Neben den Anforderungen für Datensysteme und Automatisierungsprozesse setzt die neue Verordnung eine umfassende Vorarbeit voraus, um sicherzustellen, dass eine korrekte Anwendung der neuen Definitionen und Kategorisierung von Verbindlichkeiten erfolgt. Letztendlich wird die Implementierung der TLAC und MREL voraussichtlich Einfluss auf die mittel- und langfristigen Finanzierungsgeschäfte und -strategien ausüben. Große Institute werden konsistente und verlässliche Pläne für die Implementierung so bald wie möglich herausgeben müssen.